Karten und Fotos


Mittwoch 30.09.2015 - Birgit: Mittwoch

Reisefieber

Wieder einmal soll es losgehen, und wieder einmal wird mehr oder weniger im letzten Moment alles in den Koffer geworfen.

Leider hat Jacques sich Anfang des Jahres das Bein gebrochen. Jetzt wird sein Schienbein mit einem Marknagel stabilisiert, der an beiden Enden mit Schrauben fixiert ist. Ein Camping-Urlaub ist damit unmöglich. Außerdem hat er die Firma gewechselt, und konnte sich erstmal nur zwei Wochen frei nehmen. Das limitiert unsere Möglichkeiten ein wenig.

Wir haben uns für eine Pauschalreise nach Kreta entschieden. Georgioúpolis hatte uns schon beim letzten Mal sehr gut gefallen - bis auf das damalige Hotel. Also hat Jacques sich durch mehrere Bewertungsportale gewühlt, und ist dabei auf das "Paradise" gestoßen: ein kleiner Familienbetrieb mit ausgesprochen warmherzigen Beschreibungen. Die Ausstattung wird spartanisch sein, das Zimmer sauber und gemütlich, die Bewirtung herzlich, und die Gerichte des Hotelrestaurants delikat und bezahlbar.

Der Hotelaufenthalt erlaubt uns ein sparsamer zusammengestelltes Gepäck. Laptop und Tablet statt Campingküche, kein Zelt und keine Schlafsäcke. Trotzdem minimieren wir die Kleidung auf das Nötigste, denn unsere Helme müssen auch mit in den Koffer.

Abfahrt

Zwei Stunden vor dem Abflug sollen wir spätestens einchecken. Die HVV-App empfiehlt, dass wir uns um zwanzig vor elf auf den Weg machen sollten. Das könnten wir zwar noch knapp schaffen, aber mir wird das dann doch zu hektisch und zu unwägbar. Ich entscheide mich dafür, ein Taxi zu rufen. Eine gute Wahl, wie wir kurz darauf feststellen müssen.

An der S-Bahn-Haltestelle blinkt uns das Blaulicht eines Rettungswagens entgegen. Die Sanitäter schieben eine bewußtlose Frau auf einem Transportgestell heran. Ich bin bestürzt und fluche betroffen.

"S-Bahn-Unfälle sind immer hässlich", sage ich entschuldigend.

Der Taxifahrer schweigt. Auch für die restlichen zwanzig Minuten der Fahrt ist er recht einsilbig. Als ich mir kurz vor der Ankunft nicht mehr ganz sicher bin, ob das Fahrziel denn wirklich Terminal 1 ist, wird sein Ton sogar schroff. Einen Moment lang ist mir die Stimmung ziemlich verhagelt.

Am Flughafen

Wir checken ein und kommen ohne größere Umstände durch die Sicherheitsprüfung. Dass unser Handgepäck wegen der vielen Techniksachen wieder man manuell durchsucht wird, wundert uns natürlich längst nicht mehr.

In einem Buchladen auf dem Weg zum Gate kauft Jacques uns einen Reiseführer für Kreta. Den vom letzten Aufenthalt hatten wir nicht rechtzeitig wiedergefunden.

In der Abflughalle haben wir dann Zeit. Viel Zeit. Knappe drei Stunden lang lümmeln wir uns in kunstlederbezogenen, schwarzen Schalensitzen, beobachten andere Reisende, stärken uns mit Sandwiches und Cola, und schlagen die Zeit tot. Jacques liest in seinem E-Book-Reader. Ich bin zu müde zum lesen, und gleichzeitig zu überdreht, um mich auf einen Text zu konzentrieren.

Im Flugzeug

Den Flug selbst verbringe ich überwiegend schlafend. Jacques war so umsichtig, für mich ein aufblasbares Nackenkissen mitzunehmen, was mir die sonst fälligen Genickschmerzen diesmal erspart. Zum Glück ist das Flugzeug nicht sehr voll besetzt, und wir können und zu zweit auf einer Dreierreihe ausbreiten.

Nachdem ich leidlich erfrischt wieder aufgewacht bin, stöbern wir im Bordkatalog. Eine Brille mit verstellbarer Stärke erweckt unser Interesse. Leider taugt sie optisch überhaupt nichts. Man kommt sich vor, als würde man durch einen Pudding sehen. Interessanter ist für mich ein Satz aus 9 Würfeln mit Symbolbildchen, die man zu einer Geschichte verknüpfen soll. Ich nehme mir vor, damit ein wenig zu üben. Zwölf Euro sind zwar ein recht stolzer Preis dafür, aber die Würfel sind ordentlich verarbeitet und auch recht schwer.

Ankunft auf Kreta

Als wir in Heraklion landen, geht die Sonne gerade unter, und taucht die Wolken über der bergigen Landschaft in ein dramatisches Licht. Jacques setzt sich neben dem Gepäck-Karussell auf einen der Schalensitze, um sein ramponiertes Bein zu schonen, und ich gehe unseren Koffer jagen. Lange dauert das zum Glück nicht. Auch die Reiseleitung und den Bus finden wir ohne große Mühe.

Der Transfer zum Hotel dauert dann noch mal knapp zwei Stunden. Der Fahrer beherrscht seinen Bus virtuos, und ist recht zügig unterwegs. Trotz der bisweilen etwas sehr hohen Geschwindigkeit ist er sehr umsichtig. Harte Bremsmanöver hat der Mann nicht nötig. Allerdings fährt er für meinen Geschmack ab und zu doch ein wenig dicht auf.

Ankunft im Hotel

Als wir in das Hotel kommen, sind wir zunächst ein wenig irritiert. In der Halle steht unbeaufsichtigt ein Schreibtisch mit einem eingeschalteten Laptop und etlichen Informationsmappen. Eine Klingel oder etwas in der Art ist nicht zu sehen. Nach einer knappen Minute taucht dann aber doch ein junger Mann auf und nimmt uns herzlich in Empfang. Er trägt uns den Koffer nach oben und zeigt uns das Zimmer. Es ist etwas enger, als ich es mir vorgestellt habe, aber der Platz reicht für unsere Bedürfnisse aus. Am Schlüsselbund ist eine Transponder-Karte, die in eine Halterung neben der Tür gesteckt werden muss, damit wir Strom haben. Der Safe ist kostenlos, und wir bekommen ein Passwort für das Wifi, was sich später als leider nicht funktionierend herausstellt, aber das wird sich schon klären lassen.

Ob wir noch Fragen hätten? Ja, eine sehr wichtige: Ist die Küche noch geöffnet? Unsere Mägen brennen vor Hunger!

Sie hat. Mit griechischem Bier, einer wunderbaren Vorspeisenplatte und einem göttlichen Beef Stifado mit Pommes Frites lassen wir uns verwöhnen. Danach fallen wir totmüde ins Bett.


Mehr bei Jacques.