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Track des Tages
Track08

Mittwoch 07.10.2015 - Birgit: Mittwoch

Morgens

Wir kommen tatsächlich mal zeitig los, und sitzen mehr oder weniger pünktlich auf dem Roller. Der erste Teil unserer Tour ist einigermaßen öde, denn wir wollen möglichst rasch in den Westen. Und das geht nur über die Schnellstraße. Die ist in einem miserablen Zustand, und wird derzeit repariert.

Die Baustelle kostet Zeit und Nerven. Die Fahrspuren sind mit Lübecker Hütchen neu markiert, und streckenweise darf, wegen der engen Spurbreite, nur 30 gefahren werden. entsprechend staut sich der Verkehr. Danach geht es normal weiter. Was hier bedeutet: Schlaglöcher, Bodenwellen, unmotivierte Geschwindigkeitsbegrenzungen, die mit dem Straßenzustand nichts zu tun haben, und beigefarbene Starenkästen. Zwischendrinnen irgendwann ein Polizeifahrzeug, dass jemanden aus dem Verkehr gezogen hat, und nun mit flackerndem Blaulicht am Straßenrand steht.

Vormittags

Als wir am ersten Zwischenhalt angekommen sind, suchen wir zunächst die Tankstelle. Die, die ausgeschildert ist, übersehen wir natürlich, und fahren statt dessen drei Kilometer weiter. Dort werden gerade die Tanks aufgefüllt. Ich frage den Tankwart nach der nächstgelegenen Tankstelle, und der schickt uns natürlich zurück. Was mich nervös macht: obwohl es (wegen der Betankung) in der Umgebung der Tankstelle höllisch nach Benzin stinkt, sitzt der Tankwart gemütlich in seinem Häuschen und raucht eine Zigarette. Ich will weg. Schnell. Weit. SOFORT! Und Jacques kapiert nicht, was ich will, und beklagt sich, dass ich ihn ankeife. Ich beiße mir auf die Lippen, und denke: Scheiß drauf. Hauptsache, du bewegst dich endlich.

Bei der anderen Tankstelle stehen wir gleich darauf wieder im Sprit-Gestank. Die Tankwartin hat es zu gut gemeint, und hat den Tank überfüllt. Wenigstens raucht dort keiner.

Kurz danach sitzen wir gemütlich am nahegelegenen Hafen. Jacques trinkt eine Cola, ich bestelle mir einen Tee. Unterhalb der Hafenterrasse sehe ich mehrere Männer in einer kleinen Hütte. Vielleicht sind es Fischer, die dort ihre Netze flicken.

Wir setzen unsere Fahrt nach Süden fort. Jacques hat für die Route nummerierte Wegpunkte erstellt und auf die beiden Garmins übertragen. Das macht die Navigation recht simpel. Auch die Fernbedienung der Helmkamera lässt sich heute mit weniger Tücken bedienen, da wir sie in ihre Gummihülle gesteckt haben. So bekomme ich sie besser zu fassen, und treffe auch die Knöpfe leichter. Wir kommen durch einige traumhafte, tiefe Schluchten mit Olivenbäumen und Esskastanien. Überall huschen winzige Eidechsen, kaum größer als Grashüpfer, über den warmen Asphalt.

Mittags

Am südlichsten Punkt unserer Tagestour rasten wir in einem Badeort. Hier merken wir deutlich, dass sich die Saison ihrem Ende nähert. Es gibt deutlich zu wenig Publikum für zu viel Einrichtung. Bars und Strände sind fast leer. Wir stellen den Roller vor einer Strandbar ab, und setzen uns auf die schattige Veranda. Die Kellnerin bringt uns sofort Eiswasser, und stellt uns zu unserem Kaffee und Tee kostenlos zwei Stückchen Marmorkuchen hin. Wir bestellen jeder die Gemüsepizza des Hauses, die sich als eine extrem knusprige, vermutlich gekaufte Pizza Margherita mit zusätzlichen Auflagen herausstellt. Ich finde das allerdings gar nicht mal schlecht.

Als wir beinahe aufgegessen haben, merken wir, das die einzigen beiden anderen Gäste der Bar laut johlen und mit ihren Smartphones herumfuchteln. Jacques glaubt, sie würden gemeinsam etwas lustiges im Internet ansehen, aber ich habe einen anderen Verdacht.

Vor dem Lokal ist mir eine Gruppe von Leuten aufgefallen, die dort offenbar auf jemanden warten. Sie tragen alle Badeklamotten und Strandkleidung, und wirken auf mich irgendwie merkwürdig deplaziert. Als würde ihnen das Geld fehlen, um sich auf ein Getränk in eine Strandbar zu setzen. Und das ist hier nun wirklich nicht teuer. Eine Frau aus der Gruppe ist offenbar schon etwas ältlich, ziemlich übergewichtig, und recht unvorteilhaft gekleidet. Der Wind ist heftig, und weht ihr immer wieder das Strandkleid fast bis über den Kopf. Darunter trägt sie einen für ihre Figur etwas zu knappen, schwarzen Badeanzug, der ihre Hinterbacken unschön zur Geltung bringt. Und offenbar genießt sie den kühlenden Wind in ihrem flatternden Kleid.

Hinter uns johlen die beiden anderen Gäste, die diese Zurschaustellung direkt in ihrem Blickfeld offenbar als peinlich und lächerlich empfinden. "Ochi, ochi!" schreien sie, und nehmen das ganze offenbar mit ihren Smartphones auf. Mich schüttelt es, und ich versuche, beide Gruppen zu ignorieren. Wir zahlen rasch, und gehen. Beim Roller angekommen, sucht Jacques panisch nach dem Rollerschlüssel. Hat er ihn etwa in die Jacke gesteckt, die er unter dem Sattel verstaut hat? Das wäre extrem peinlich. Ich kann ihn aber beruhigen: Der Schlüssel steckt schon wieder mal im Zündschloss.

Nachmittags

Die nun folgende Strecke birgt ein kleines Risiko: Ein Teil ist auf der Karte in Weiß eingezeichnet. Das könnte eine Schotterstrecke sein, und dann müssten wir umkehren. Glücklicherweise ist dann aber doch alles asphaltiert. Wir klettern mit dem Roller Haarnadelkurve um Haarnadelkurve herauf. Ab und zu kommen wir an freilaufenden Ziegen vorbei, die allerdings schlau genug sind, beim Erschrecken nicht auch noch auf die Straße zu rennen.

In einer kleinen Ortschaft rasten wir ein weiteres Mal in einer winzigen Taverne, die von einem alten Ehepaar betrieben wird. Als wir dort eintreffen, drückt uns der Wirt jedem ein Zweiglein eines Gewürtskrauts in die Hand, das in einem Pflanztopf am Eingang wächst. Es scheint eine Art Basilikum zu sein, allerdings mit etwas festeren, spitz zulaufenden Blättern.

Auf der schattigen Terrasse trinken wir Cola und einheimische Orangenlimonade. Ich bestelle mir dazu eine Portion Joghurt mit Honig.

Auf der restlichen Rückfahrt passieren wir phantastische Panoramen und kommen durch Täler voller Oliven, Esskastanien und Orangenhaine. Leider riecht es auch ein wenig nach vergammelten Orangen, und stellenweise weht uns der Gestank von Aas entgegen. Während einer kurzen Rast oberhalb einer Orangenplantage beobachten wir einen Luftkampf zwischen einem Greifvogel und einem Raben oder einer großen Krähe. Furchtlos geht der kleine, schwarze Vogel immer wieder den viel größeren Greif an. Zwei weitere Greifvögel kreisen in der Nähe. Irgendwann zieht der Rabenvogel sich zurück, und landet in einem Baumwipfel auf dem gegenüberliegenden Berggipfel.

Abends

Die Rückfahrt über die Schnellstraße ist diesmal nicht nur unhübsch, sondern auch noch gefährlich. Einige Autofahrer überholen nicht nur uns, sondern auch andere viel zu dicht, fahren zu dicht auf, und versuchen, langsamere Fahrzeuge abzudrängen. Ich bin froh, als wir endlich wieder beim Hotel sind.

Da ich viel zu müde zum Kochen bin, essen wir heute im Hotelrestaurant. Der Wirt erklärt uns, dass er gegen Saisonende einfach nicht mehr die ganze Karte rauf und runter anbieten kann. Zur Wahl stehen also entweder Gegrilltes, oder die Tagesgerichte. Er lässt uns in die Töpfe sehen. Jacques entscheidet sich für Lammkeule in Tomaten-Nudelsoße, und ich bestelle mir Kohlrouladen, die sich dann als offenbar vegetarisch herausstellen, aber sehr lecker sind.


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