Karten und Fotos


Dienstag 27.08.2002 - Tag 9

Gestern haben wir uns ganz auf das Besichtigen von Megalithen und Ruinen konzentriert. Zunächst fuhren wir zu Chyauster, den Überresten eines kleinen Dorfes aus der Bronzezeit. Man hat dort eine Grupe von Gebäuden gefunden, die jeweils aus einem großen Oval aus sehr dicken Mauern bestanden haben. Im Innern dieser Ovale gab es immer einen großen Innenhof und mehrere runde oder längliche Seitenräume, die sich an die Außenmauer anschmiegten. In einem Heft zu der Ausgrabung, das wir am Kiosk erstanden hatten, lasen wir nach wie die Archäologen den Aufbau der Behausungen interpretiert hatten. Der jeweils größte, runde Raum wurde dort als Wohn- und Schlafraum bezeichnet, die kleineren Seitenräume als Ställe und Lagerräume. Außer einigen wenigen Resten von Töpferwaren konnte wohl nicht viel gefunden werden, was die Deutung der Zwecke der einzelnen Räume leider ziemlich schwierig macht.

Als nächstes machten wir uns auf den Weg nach Man-An-Tol, stießen unterwegs aber erst einmal auf einen Ort, der weder auf der Karte noch im Reiseführer erwähnt war: Boswarthan, in der Nähe von Madron. Ein morastiger Fußweg führt unter dunklen, von Flechten, wildem Efeu und Farnen bewachsenen krummen Bäumen und verwilderten alten Hecken auf eine Weggabelung zu. Der Pfad wirkt düster und verwunschen, als wäre man in einem Märchenwald. An der Gabelung angekommen findet man einen steinernen Wegweiser, der nach links zu einem Wunschbrunnen, und nach rechts zu einer alten Keltischen Kapelle weist. Der Wunschbrunnen ist aber kein ummauerter Brunnen, sondern eine von krummen Bäumen umstandene Waldquelle. An dem Bäumen hängen unzählige bunte Bänder, Stoffstreifen, Höschen, Strumpfbänder und andere Utensilien, die dort - wohl verbunden mit den Wünschen der Leute - als eine Art Opfergabe dargebracht wurden. Die Kapelle entpuppte sich als eine Ruine mit noch etwa mannshohen Außenmauern und Resten eines Innenraums, durch den das am Wunschbrunnen entspringende Bächlein durch ein Taufbecken geleitet wurde. Dort befindet sich auch ein niedriger steinerner Tisch, auf dem kleine Opfergaben wie Geldstücke, Blumen, Beeren, bunte Papierschnipsel, kleine Anhänger aus Blech und ähnliches ausgebreitet waren. An den efeuüberwucherten Wänden waren auch wieder bunte Bänder und Blumen an die Zweige geknüpft.

Man-An-Tol fand ich ein wenig enttäuschend. Die Steine dort hatte ich vorher auf Postkarten gesehen, und dort waren sie mir recht groß vorgekommen. In Wirklichkeit gerade etwas mehr als hüfthoch. Zwei kleinere Menhire stehen dort in Ost-West-Richtung ausgerichtet in Flucht mit einem steinernen Ring. Vielleicht diente das Gebilde einmal zur Bestimmung bestimmter Daten.

Als letztes besichtigten wir an diesem Tag Chun Castle, einen großen Steinwall, der leider von Gestrüpp fast völlig überwuchert ist. Der Weg dort hinauf ist fast zugewachsen mit schulterhoher Heide und Stechginster, und der Trampelpfad war teilweise so schmal dass ich mehrmals mit den Füssen zwischen glitschige Felsen geriet und auszurutschen drohte. Von der Ruine selbst ist ein dicker Wall aus Felsgestein zu finden, wohl eine in sich zusammengestürzte Mauer, der einen runden Platz von etwa mehr als 50 Metern Durchmesser umschließt. Der Eingang ist nach Westen ausgerichtet. Um diese Mauer herum fanden wir in einigem Abstand weitere Menhire, die wir als einen äußeren Steinkreis interpretierten. Im Inneren fanden wir mehrere tiefe Löcher, die wie eingestürzte Brunnen aussahen, die aber auch einmal Gräber gewesen sein könnten. Einige Steine fielen uns auf, die fingerbreite und -tiefe Löcher enthielten. Vielleicht steckten einmal metallene Stangen darin, die längst verrottet sind. Spuren von Eisenoxyd waren jedoch keine zu sehen.

Inzwischen zog immer dichterer und feuchterer Nebel auf, und wir machten uns klamm und fröstelnd wieder auf den Weg zum Zeltplatz.

Heute wollten wir uns die Südküste von Cornwall etwas genauer anschauen. Zunächst fuhren wir hinunter nach Truro und machten einen kurzen Stop, um uns dort die neogothische Kirche zu besehen. Beeindruckend fand ich ein Modell der Kirche, das jemand aus zehntausenden von Streichhölzern gebaut hatte. Ansonsten scheint die Gemeinde dieser Kirche sehr bemüht darum zu sein, dass ihr Gotteshaus nicht nur religiöser sondern auch kultureller Mittelpunkt ihrer Umgebung ist. Bilder örtlicher Künstler waren dort ausgestellt, und es scheinen dort auch regelmäßig Konzerte stattzufinden.

Unser nächstes Ziel war Lizard Point, der südlichste Zipfel Englands mit dem ältesten Leuchtturm in Cornwall. Der Wind blies uns dort heftig um die Ohren, aber die Sonne strahlte und es war angenehm warm. Wir ließen es uns bei Cornish Cream Tea im südlichsten Restaurant Englands wohl sein, und ich schrieb einen Brief an einen Freund.

Gegen halb vier fuhren wir weiter, weil wir unbedingt noch Land’s End sehen wollten, aber je weiter wir nach Westen kamen, desto kälter, dunkler, nebliger und regnerischer wurde es. Am Ziel angelangt standen wir dann in einer Mischung von kaltem Sprühregen und salziger Gischt. Die Felsen vor Land’s End waren gerade eben noch gut zu erkennen, der Horizont dahinter lag in dichtem weißem Nebel verborgen.

Wieder am Campingplatz angekommen traten einige kleinere Mängel unserer Ausrüstung zutage. Die Imprägnierung meiner Lederhandschuhe hatte vor der Dauerberieselung kapituliert, aber Regenjacke und -Hose hatten ihren Job tadellos erfüllt, und auch meine Stiefel waren innen trocken geblieben. Jacques hatte etwas weniger Glück. Seine Regenjacke hatte einiges durchgelassen, sodass seine Jacke klatschnass geworden war, und auch seine Regenhose hatte ihn weniger geschützt als mich die meine.


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