Karten und Fotos


Mittwoch 28.08.2002 - Tag 10

Gestern morgen haben wir das Zelt in Newquay abgebrochen und uns auf den Rückweg nach Osten gemacht. Allerdings fuhren wir nicht durch bis nach Salisbury, wie ich vorgeschlagen hatte, sondern beschlossen, für zwei Nächte im Dartmoor zu bleiben. Die sommerliche Moorlandschaft ist wunderbar und gar nicht düster. Und tückische, morastige Stellen, an denen man im Moor einsinken kann, haben wir auch nicht gefunden. Sondern eine sehr hügelige Heidelandschaft, aus der die Reste eines alten, verwitterten Granitgebirges hervorragen, viele kleine, dicke, neugierige Ponies und noch mehr blökende Schafe, die träge in windgeschützten Kuhlen am Straßenrand lagen und wiederkäuten.

Auf unserer Tour heute fuhren wir von Poundsgate, wo wir unser Zelt aufgebaut hatten, Über Ashburton, Widecombe-in-the-Moor, Houndtor, Becky Falls, Castle Drogo, Postbridge - und wieder heim. Allerdings ging nicht alles ganz so glatt wie geplant. Als wir in Widecomb ankamen, war natürlich gerade Sonntagsgottesdienst, also wurde es nichts mit der Besichtigung der Kirche, denn da wollten wir selbstverständlich nicht stören. Wir fuhren also weiter, um Houndtor zu suchen, denn dort sollte sich laut Karte eine mittelalterliche Siedlung befinden. Unterwegs stießen wir auf eine interessante Granitformation, die offenbar ein beliebtes Ausflugsziel war, also kletterten auch wir dort hinauf und machten ein paar Fotos, um dann aber weiter nach dieser Siedlung zu suchen… Wir fuhren kreuz und quer und rundherum, von Manaton bis Haytor Vale und zurück, Sahen auch Schilder, die auf diese Sehenswürdigkeit hindeuteten, aber mysteriöserweise verloren sich dann irgendwann alle Hinweise, und plötzlich wurden wir wieder zurückgeschickt. Völlig frustriert landeten wir wieder bei dem Granithügel und dem Imbiswagen davor und beschlossen, dort erstmal Tee zu trinken. In der Warteschlange vor dem Imbiss fiel mein Blick dann auf den Namen des Imbisses - “The Hound of Basket meals” - und auf die Postkarten, die man dort verkaufte - mit der Aufschrift “Houndtor” und Luftaufnahmen von eben diesem Granithügel. Ich trug ein Körbchen mit zwei Cheeseburgern und zwei grossen Bechern Tee mit Milch zum Tisch, an dem Jacques wartend saß - und legte ihm ein Heftchen mit Beschreibungen zu Houndtor und Grimspound vor die Nase. Jacques hatte aber keine Lust, nochmal über den Hügel zu klettern und mit mir nach den Ruinen zu schauen, und ich hatte keine Lust, ihn zu überreden.

Wir fuhren weiter und beschlossen, uns die Becky Falls anzusehen. Am Parkplatz nahm man uns 5,20 £ pro Nase ab und gab uns gelbe Aufkleber, die wir sichtbar an der Kleidung tragen sollten. Für den Motorroller brauchten wir gnädigerweise keine Parkgebühren zu berappen. Um es vorweg zu sagen: der hohe Eintrittspreis hat sich nicht gelohnt. Uns erwartete ein kleines Areal mit mehreren unterschiedlich unwegsamen Rundwegen. Die Wasserfälle waren nicht besonders hoch und - bei dem sommerlichen Wetter wohl aufgrund von Wassermangel auch nicht besonders spektakulär. Im Eingangsbereich gab es noch ein kantinenartiges Cafe, zwei überteuerte Shops mit dem üblichen Schnickschnack, ein paar eingesperrte Ziegen und zwei Karnickel zum Streicheln, und einige sehr unglückliche Eulen und Greifvögel in viel zu kleinen Volieren. Meine Empfehlung: meiden, und zwar dringend. Wer dort sein Eintrittsgeld bezahlt bekommt nichts geboten und finanziert auch noch Tierquälerei.

Wir kehrten enttäuscht von dem überteuerten Spazierweg zurück und fuhren weiter zum Castle Drogo. Da wir mit gesalzenen Eintrittspreisen schon rechneten, wollten wir es nur von außen knipsen, aber selbst das war schon mit etlichen Pfund zu berappen. Ein Blick auf ein Modell des Schlosses im Shop zeigte uns genug, um wieder umzukehren. So schön war es nicht, als dass wir für den bloßen Anblick seiner Fassade Geld hinlegen wollten. Also verließen wir den Schlosspark und fuhren auf den heckenumsäumten Straßen zurück gen Süden.

Die kleinen Landstrassen im Westen Englands sind ein Abenteuer für sich. Oft sind sie so schmal, dass kaum zwei PKW aneinander vorbei kommen, zusätzlich zu der Enge sind sie auch noch gewunden, manchmal kommen unangekündigte heftige Steigungen oder Gefälle dazu - und links und rechts sind um die drei Meter hohe Hecken. Manchmal sind die Hecken oder die darin verwobenen Bäume so hoch und ausladend, dass das ganze zu einem grünen Tunnel zuwächst. In der Strassenmitte liegt dann oft noch Sand, Rollsplitt, oder Pferdemist, und vereinzelte Schlaglöcher kommen ebenfalls vor. Ich war jedenfalls froh, als wir wieder ins heckenlose Moor kamen.

Auf dem Weg nach Postbridge fanden wir einen kleinen, an ein Kreuz erinnernden Menhir - Bennett’s Cross - und stellten den Roller auf dem daneben liegenden Parkplatz ab. Eine Hinweistafel dort beschrieb den Weg zu den Ruinen einer verlassenen Siedlung - Birch Tor - und wir machten uns auf, sie zu suchen. Zunächst sollten wir einem Reitweg folgen, bis wir an einen Steinhaufen kämen, und dort rechts abbiegen. Leider wurde der Trampelpfad dort aber so undeutlich, dass wir ihn nicht mehr als Weg zu erkennen vermochten, und quer durch die unverletzte Heide trampeln mochten wir nicht. Also wanderten wir auf dem Hauptweg weiter, bis wir eine deutlichere Abzweigung auf einen Parallelweg fanden. Oben auf der Hügelspitze angekommen, kletterten wir auf die Felsen und erspähten in der Ferne eine Allee von Menhiren. Ob die mal eine Strasse markiert hatten? Wir wanderten hin und sahen uns die Steine aus der Nähe an. Nach einigen Fotos kehrten wir um und folgten nun einem breiteren Wanderweg, der um den Hügel herum führte. Und dort, in einem Tal das wohl so steil unter unserem ersten Ausstichtspunkt lag dass wir es von dort nicht hatten einsehen können, lagen die gesuchten Ruinen. Wir erkannten die Reste eines Gehöfts mit etwas, was wir als einen ummauerten Garten deuteten, eine kleine Steinbrücke, zwei weitere, einzeln stehende Gebäude auf der anderen Seite des Baches, und Reste einer Häuserzeile. Von keinem Gebäude war mehr übrig als einige niedrige Mauerreste. Bronzezeitlich waren die Gebäude sicherlich nicht, denn die Gebäude waren bereits rechteckig und die Wände sahen zum Teil gemauert aus. Wir machten einige Fotos und schritten das Gelände ab. Dann machten wir uns auf den Weg zurück zum Roller, wo wir ziemlich geschafft ankamen.

Im Moment sitze ich im Tavistock Inn in Ponundsgate, schreibe diesen Bericht zuende und freue mich auf’s Bett. Jacques schläft auch schon halb. Hoffentlich kommt auf dem Weg zurück zum Zeltplatz dieser blöde Wachhund nicht über den Zaun gesprungen, an dem wir gleich vorbei müssen…


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